Wie schon länger im Bund und im Westen, treiben die Grünen nur auch im Osten auf einer großen Welle. Nur knapp 30 Jahre nachdem sie das Licht der Demokratie nach Dunkeldeutschland gebracht haben (daher der offizielle Name: Bündnis 90/Die Grünen – Bündnis 90 war der Verbund der basisdemorkatischen Bewegungen in der DDR). Die allgemeine Wahrnehmung ist, daß die Grünen sich am deutlichsten als anti-AfD profilieren und so Wähler des Wahlspektrums anziehen können die alles mögliche sind aber halt kein bisschen braun. Aber ist Grün wirklich die (einzige) Komplementärfarbe zu Braun? Und wie nah kommen sich CDU und AfD bei Fragen der Realpolitik und Dingen, die den Wähler umtreiben? Und wer zielt auf den bösen Wolf, den Ostimmigranten der schon längst wieder Fuß gefaßt hat im Osten der Republik?
Für die Antworten auf all diese Fragen, bietet sich die Wahl-O-Mat/Wahlkompass-Angebote der bpb und ihrer Landespendants an. Insbesondere wenn man sie in Form von Distanznetzwerken graphisch aufbereitet.
Neu beim Wahl-O-Mat (wohl auf Grund der kurzfristigen Sperrung durch die Gerichte ist, die das Gleichheitsprinzip verletzt sahen), daß man keine acht Parteien mehr aussuchen muß sondern, alternativ, die Übereinstimmung mit allen (teilnehmenden) Parteien anzeigen lassen kann.
Unter der Liste der sehr wichtige Hinweis:
Hohe Übereinstimmungen Ihrer Antworten mit mehreren Parteien bedeuten nicht zwangsläufig eine inhaltliche Nähe dieser Parteien zueinander.
Obiges Bild zeigt natürlich nicht meine tatsächliche Übereinstimmung (das wäre auch sinnlos, da ich weder Brandenburger noch Sachse bin und auch nie werden wollte, als auf der richtigen Rheinseite Geborener), sondern das Ergebnis das man bekommt wenn man abwechselnd zustimmt oder nicht.
Aber, wir leben in einer semi-repräsentativen Republik. Jede Stimme für eine Klein(st)partei ist eine weggeworfene Stimme. Wenn man will, daß die eigene Stimme zählt, muß man sie einer Partei geben, die auch Chance hat, die 5%-Hürde zu reißen. Daher sollte der Wähler nicht nur sehen wie stark er/sie mit den Thesen einer Partei übereinstimmt (lt. Programm), sondern auch, wie die Parteien zueinander stehen.
Beziehungsweise, wie stark sie sich voneinander absetzen.
Deswegen, meiner 2017 angefangenen Serie folgend (Stichwort: Wahl-O-Mat), hier die Distanznetze zu den Wahl-O-Mat Fragenkatalogen für die bald anstehenden Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen (der Wahl-O-Mat Service wird erstellt und zur Verfügung gestellt vom bpb in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landeszentralen für politische Bildung). Wie immer habe ich die Merkmale als geordnet angenommen ("0" – stimme nicht zu, "1" – neutral, "2" – stimme zu), dem Wahl-O-Mat folgend (siehe 50% Zustimmung oben mit der 1-Themen Partei Partei für Gesundheitsforschung, die, konsequent wie immer, alle Thesen mit „neutral“ beantwortet hat). Die maximale Distanz zwischen zwei Parteien ist daher 2, was bedeuten würde, daß sie in allen abgefragten 38 Thesen überkreuz liegen.
Für diejenigen, die zum ersten Mal einen meiner Wahl-O-Mat Posts lesen, zur Orientierung die Einschätzung der sechs Bundestagsparteien durch den Political Compass zur Bundestagswahl 2017 (der Selbsttest, auch auf Deutsch verfügbar, ist recht nützlich um sein Wahl-O-Mat Ergebnis einzuordnen).
Die Bundestagsparteien zur Wahl 2017 nach Analyse durch den Political Compass. Zur Orientierung die frz. und US Präsidentschaftskandidaten 2016/2017 und einige bekannte Persönlichkeiten. Quelle: Political Compass. |
In Brandenburg ist nur die Veganerpartei V-Partei3 bei allen 38 Thesen klar positioniert (alle Thesen beantwortet mit „stimme zu“ oder „stimme nicht zu“), die anderen 10 Parteien erlauben sich zwischen zwei (= 5%; BVB/FW, CDU, FDP) und acht (= 20%; Piraten) „neutral“. Letzteres bringt die Brandenburgischen Piraten in eine mittige Position abweichend vom generellen Trend der Partei, weil darunter Thesen sind die ansonsten zwischen der sogenannten 'Linken' und 'Rechten' (im klassischen Sinne) unterscheiden.
Interessant hier die Position der SPD, die sich als (ehem.) Regierungspartei in Brandenburg stark dem (ultra-)rechten Parteienspektrum angenähert hat (und dem Geschmack der Wählermasse), wirtschaftspolitisch laviert sie im Wahl-O-Mat zwischen links und rechts, sozialpolitisch geht der Trend deutlich zum Konservativen (keine Herabsetzung des Wahlalters, Hochschulgebühren beibehalten, Tanzverbot an stillen Tagen, Beibehaltung des mehrgliedrigen Schulsystem) und Autoritären (Ausreisepflichtige konsequent abschieben, Besitz schon kleiner Mengen Marihuana bestrafen, verdachtsunabhängige Polizeikontrollen durchführen). Grüne und Linke bilden hingegen eine klare Opposition nicht nur zur SPD, sondern auch zur möglicherweise neuen größten Partei, der AfD.
Der natürliche Koalitionspartner der AfD wäre, kaum überraschend, die CDU. Beide liegen bei nur 10 Thesen überkreuz (zum Vergleich: Grüne und SPD sind sich auch bei 10 nicht grün). Wirtschaftspolitisch gibt es auch Überschneidungen mit der auch hier stramm neoliberalen FDP (und nur mit dieser), die sich wie bei allen Wahl-O-Maten bisher (abgesehen dem zur Europawahl) wieder als klar ultrakapitalistisch positioniert. Wer Staatswälder an Privatinvestoren verschachern will, die Übernachtungssteuer überflüssig findet, kurz Reiche reicher machen will und den Staat ärmer, hat die Wahl zwischen AfD (Grenzkontrollen, nicht noch mehr Flüchtlingslehrer, keine Anwerbung von ausländischen Fachkräften) und FDP (Marihuana ok, aber ja kein 356 € ÖPNV Jahresticket für ganz Brandenburg). Wie immer fragt man sich, wieviele AfD Wähler, getrieben von eingebildeter oder begründeter Existenzangst, jemals das trumpelhafte Wahlprogramm der AfD gelesen haben. Wahrscheinlich ähnlich viele wie bei Trumpelchens Wählern.
A propos, Angst vor'm bösen Wolf haben auch in Brandenburg nur die Rechten (die SPD steht dem Abschuß neutral gegenüber).
Sogenanntes Mapping einiger trennenden Thesen und die Alleinstellungsmerkmale der Parteien. |
Der lange terminale Ast und die fehlende verbindende Box im Zentrum liegt daran, daß die FDP in Brandenburg sich im Gegensatz zur Bundes- und Niedersächsischen FDP sozialpolitisch an der Europa-FDP orientiert und sich entsprechend von den anderen autoritär-auftretenden Parteien (AfD, CDU, SPD) abhebt.
Im BVB/FW hätte der nicht ultrarechte, erzkonservative Wähler, der zwar nicht linksliberal ist, aber letzteren, oder dem chronisch kranken Rentnern, ihren Joint gönnt, eine echte Alternative zur recht konservativen SPD und der zunehmend Af(f)D-igen CDU (wäre Brandenburg ein US-Staat, es wäre wohl ein tiefroter, fest in Hand der Republikaner). Die alternative Wahl werden aber nach aller Wahrscheinlichkeit zu wenige wahrnehmen, so daß am Ende drei Parteien eine Koalitionsregierung bilden müssen (Grüne, SPD, CDU), die mit sehr unterschiedlichen Wahlprogrammen hausieren gegangen sind. Entsprechend den drei Ecken, die sie im Wahl-O-Mat Netz einnehmen.
Wenn die AfD sich bis 2024 nicht selbst aufgefressen hat (was sehr gut möglich ist), wird sie gute Chancen haben mit Hofer, Le Pen, Salvini, Trump oder gar Orban gleichzuziehen und vielleicht ja mal den Brandenburg-Führer stellen.
Für die Sachsen oder an Sachsen Interessierten, siehe Teil 2 (man hat mir gesagt meine Posts sind immer viel zu lang, deswegen zwei Teile).
Hinweis für die Datennerds und Selbstanalysten, natürlich werden die hier verwendeten Wahl-O-Mat Datenfiles (Excel-Tabellen mit den Thesen und Antworten entsprechend den PDFs der bpb) und Matrixen (für die gezeigten Netzwerkanalysen) bei Gelegenheit meinem figshare Projekt zugefügt (das wird denn Version 3)
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