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Wahl der (H)Ampelmännchen

Diesen Sonntag wird in meinen beiden Heimatländern gewählt: Rheinland-Pfalz (meinem Geburtsland) und Baden-Württemberg (meinem Zweitland, bevor die DFG mich ins schwedische Exil schickte). Zeit die Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung zu vernetzen.

Ich weiß noch wie ich zum ersten Mal wählen gehen durfte mit der Folge, daß die Grünen in meinem Heimatdorf einen satten Zuwachs von 20% hatten. Das war Anfang der 90iger, die Grünen waren damals eine leicht skurrile Partei mit obskuren Visionen angesichts hahnebüchender Gefahren, von denen nicht wenige heutzutage allgemein akzeptiert sind (außer unter der stetig anwachsenden Zahl der Faktenhasser und Realitätsverweigerer).

Als ich zum Studium nach Baden-Württemberg auf die andere Rheinseite übersiedelte (südlich des Limes, natürlich), war mein stabiles Wahlverhalten nicht mehr ganz so exklusiv, aber immer noch fundamental oppositionell: die Wollpulli-strickenden "Chaoten" an der Regierung? Undenkbar. Knappe drei Jahrzehnte später herrscht im ehemalig kohl-schwarzen Rheinland-Pfalz eine Ampel mit guten Aussichten wiedergewählt zu werden, während im noch schwärzeren (z.T. schwarz-braunen) Baden-Württemberg Grün das neue Schwarz ist (Lösen die Grünen die SPD als Volkspartei ab?). Grün-schwarz ist sicher, falls sich die FDP nicht ein(h)ampelt nach der Wahl und aus Grün-Schwarz, Grün-Gelb-Rot wird.

Aber wie grün sind sich eigentlich die Geampelten? Dazu ein Blick auf die diesjährigen Wahl-O-Mat Fragenkataloge der bpb (Bundenszentrale für politische Bildung): Ba-Wü 2021 und RLP 2021.

Tabellen und Daten


Gleich vorweg: Für die Interessierten und den Selbsttest: die Wahl-O-Mat Fragenkataloge als spread-sheets und die Dateien für die Anaylsen finden sich auf figshare (Version 6).

Baden-Württemberg, viele Parteien, wenig Bewegung

Ba-Wü hat immer schon eine deutliche diversere Parteienlandschaft als RLP gehabt, zur Landtagswahl treten satte 21 Parteien an, darunter altbekannte Klein- und Kleinstparteien wie die unermüdlichen aber chancenlosen Freien Wähler (FW; in BaWü wie in Bayern auf Union/FDP-Linie), die Piratenpartei, die ÖDP (in Ba-Wü eher klassische Rechtsgrüne), Bündnis C (besser bekannt in Schwaben, speziell in Nürtingen, als PBC, die Partei bibeltreuer Christen [Wikipedia]; in den USA wichtigste Wählergruppe der Republikaner seit Reagan, in Deutschland eine skurrile Randerscheinung), die immer noch nicht tote DKP (ich habe immer ihren Gärtner ins Tübinger Stadtparlament panaschiert und kumuliert, nicht weil ich Stalinist war, sondern der Meinung Parlamente brauchen mehr Gärtner und weniger Anwälte), natürlich die PARTEI, und die konsequenteste aller 1-Themen-Parteien, die Partei für Gesundheitsforschung (PfGf), die auch diesmal wieder alle Wahl-O-Mat Thesen mit "neutral" beantwortet hat (weil nicht ihr Thema). Und während die Linke anderswo im alten Westen schon Parlamentsluft schnuppern durfte, im Ländle werden es nie mehr als 3%, denn es sind wohl 97% der Wählenden gutsituiert in Baden-Würrtemberg.

Nur zur Info: Zusammensetzung des Bundestags nach Berufen (Stand 2018). Der Mangel an Gärtnern u.ä. und Überfluß an Böcken ist auf Landesebene nur etwas weniger dramatisch.

Dazu kommen neuere Schöpfungen, die auch anderswo schon ferner gelaufen sind wie die Esoterikerpartei Menschliche Welt (MW; *2013; [Homepage/bpb-Profil]), die leicht-esoterische Partei der Humanisten [Hp/bpb] (im Prinzip FDP-ler mit sozialem Gewissen, *2014), die direktdemokratische, auch mal etwas populistische Demokratie in Bewegung [Hp/bpb] (DiB; *2017; in Ba-Wü recht linkspopulistisch) und die Pan-Europapartei Volt [Hp/bpb] (*2017, Euroliberale im klassischen Sinne, auch im Europaparlament vertreten mit einem Abgeordneten).  Fehlen tun dieses Jahr die althergebrachten ba-wü'schen Salon- und Neofaschisten der NPD (1968–72 im Landtag) und Republikaner (von 1992 bis 2001 im Landtag), dafür gibt es ja jetzt die AfD (2016 eingezogen). 
 
Abgerundet wird das ganze durch ein paar Frischlinge, der Mode der Zeit entsprechend: 
  • die aus der Verschwörungstheoretiker-, Coronaleugner- und Impfgegnerbewegung "Widerstand2020" [Hp/Volksverpetzer-Analyse] hervorgegangenen Basisdemokratische Partei Deutschlands – dieBasis und W2020 – Partei WIR2020;
  • die Eine für Alle - Partei (EfAP; [Hp/bpb]) eine Art ba-wü'sche Cinque Stelle für Globulisten (nicht zu verwechseln mit Globalisten);
  • die Klimaliste Baden-Württemberg (*2020; Klimaliste im Graphen [Hp/bpb]), eine recht diffuse (13-mal "neutral") Hommage an die Grünen-die-mal-waren (Klima vor Daimler). Schon vom Logo her skandinavisch inspiriert, sieht es aus wie der politische Arm (naja, Stummelchen) der #FridayForFuture Bewegung. Übrigens, liebe FFF-ler: Hätten eure Großeltern und Eltern in den 90igern mehrheitlich dieselben Spinner gewählt wie ich (und nicht CDU/CSU, SPD und FDP), es müßte keiner sinnlos Schule schwänzen.

Suchbild: Welches Symbol steht nicht für eine schwedische Partei?


Also eine Riesenauswahl, und facettenreich, die auch diesmal dank der 5%-Hürde, vom oft-frustrierten Wähler weitgehend ignoriert werden dürfte.

Wahl-O-Mat Netz zur Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg. Die generelle Kategorisierung beruht vorwiegend auf den Antworten zum Wahl-O-Mat Fragenkatalog (siehe auch Political Compass zur BTW 2017 für eine absolute Einordnung der im Bundestag vertretenden Parteien und LTW Niedersachsen 2017 für einen verwandten Wahlkompass).

Den Gegenpol zu linken und progressiven Parteien (inklusive Grüne und SPD), bildet wie immer das Quartett aus CDU, FDP, AfD und Freien Wähler, in BaWü ergänzt um die fundamentalistischen Christen (Bündnis C). Die weitgehende Übereinstimmung liegt auch daran, daß wirklich kritische Fragen bei der Extremisten wie AfD (jüngst vom Bundesverfassugschutz zum "Verdachtsfall" hochgestuft) und Bündnis C nochmal punkten könnten (oder auch die DKP am anderen Ende des politischen Spektrums und seit jeher unter Beobachtung des Verfassungschutz, weil links-extremistisch) in den Wahl-O-Wat Fragenkatalogen kaum vorkommen. Bei den abgefragten Ausländer- und Flüchtlingsfragen paßt kaum ein Blatt zwischen "mitte-rechts" und "rechts-extrem" (Knackt endlich die Haselnuß!).
 
Speziell interessant in Bezug auf die noch andauernde Seuche ist die Position und der Abstand zwischen den beiden Parteien, die aus der Ablehnung der Coronamaßnahmen (und der Wissenschaft im Generellen) hervorgegangen sind: dieBasis und W2020. Während dieBasis eher linkspopulistisch zu punkten versucht (siehe Position im Netz, dtl. näher zu den progressiv-linken Parteien), gibt sich W2020 einen fein-braunen Anstrich. Die politische Diffusität der Impfgeger und Coronaleugner (in diesen Dunstkreis operiert wohl auch die EfAP) fächert sich weit auf, und schließt esoterische pre-Coronakleinstparteien wie Menschliche Welt mit ein. Gemein mit den eher klassischen ultrakonservativen (bis rechtextremen) Parteien (AfD, BüC) ist diesen politischen Eintagsfliegen die grundlegende anti-liberale/anti-progressive Einstellung. Unterscheiden tun sie sich speziell von der AfD, die konservativer als die CDU ist und fast so a-sozial wie die FDP, durch ihre eher linke Ausrichtung. Also eigentlich ideal für anti-"Establishment" Protestwähler, die eigentlich links sind und sich anti-elitär wähnen, aber was gegen Ausländer und Wissenschaftler haben.

Rheinland-Pfalz, keine Experimente


Außer der Klimaliste RLP e.V. (selbes Logo und generelle Ausrichtung wie die Neuschöpfung jenseits des Rheins aber deutlich entscheidungsfreudiger: alle Wahl-O-Mat Thesen mit "stimme zu" oder "stimme nicht zu" beantwortet) und Volt treten in Rheinland-Pfalz nur kleine und größere alte bekannte an, in der Summe 13 Parteien. Neben den Landtagsparteien, natürlich die Linke, die Piratenpartei, die ÖDP (kein einziger Jurist in der Landes-Liste), die Satirepartei PARTEI und die gute alte Tierschutzpartei (Partei ergreifen! Mensch Umwelt Tierschutz). Die Freien Wähler (FW) sind auch wieder mit dabei, in RLP eher ein CDU- als FDP-Klon.

Wahl-O-Mat Netz zur Landtagswahl 2021 in Rheinland-Pfalz. (auch hier bezieht sich links und rechts auf wirtschaftspolitische Ausrichtung)

Die Position der Parteien bezüglich der Wahl-O-Mat Fragen ist klassisch. Im Gegensatz zu ihren staatstragenden Schwestern geben sich die RLP-Grünen noch deutlich linker und progressiver, sie sind ja auch die kleinste Regierungspartei. Man sucht dennoch die Nähe zur großen Schwester, der SPD (kein Konflikt in 32 der 38 Thesen). Mitregieren macht einfach mehr Spaß als visionieren in der Opposition. Die (relative!) Mitte ist typischerweise die Domäne der größten Regierungspartei, in RLP also der SPD. Wie auch in BaWü sind CDU- und FDP-Brüder (Schwestern sind in beiden Parteien immer noch stark in der Minderheit) im Geiste und bei vielem auf einer Linie mit der AfD (siehe weiter unten).

Wie die ba-wü'schen, sind auch die cis-rheinischen Freien Wähler (FW) chancenlos, bemühen sich aber in RLP um eine gewisse Distanz zur CDU/FDP, was sie dem ungeschminkten Populismus der AfD nahe bringt (keine Steigerung bei der Aufnahme von Flüchtlingen; FDP und CDU "neutral" aber pro-Robotersteuer, Karenzzeit und für Finanzspritzen in der häuslichen Pflege, alles linke Forderungen, die CDU und FDP nicht unterstützen können). Gemein ist diesem rechten Viererclub auch in RLP die Fundamentalopposition zu den links-progressiven (Linke etc.) und liberalen i.e.S. (Volt, Piratenpartei). Ökonomie geht vor Ökologie, Elitarismus vor Mitgefühl, und freie Wirtschaft vor persönlicher Freiheit (abgesehen vom individuellen Recht darauf den Vorgarten vollzuschottern; nur die CDU ist dagegen).

Letztere, die Linken, Liberalen und Progressiven (RLP ist immer noch ein recht konservatives-ländliches Stätchen) werden weitgehend an der 5% Hürde scheitern. Schlimmer kann es aber nicht werden nach der Wahl: dank Koalitionsvertrag darf man ja ungestraft vor einer Wahl rechts tuten ohne konkret werden zu müssen nach der Wahl. Westlich des Rheins hat die FDP nun schon mehrfach zeigen können, daß man in Mitte-Regierungen ("linksökofaschistischen" aus programmatischer/wahl-o-matischer FDP-Sicht) gut durchkommt auch ohne irgendetwas beizutragen, sei es nun die Ampel in RLP oder Afghanistan im Saarland.

A propos "links" vs. "rechts"


Allen Wahl-O-Maten gemein ist, daß die CDU, FDP und AfD den Gegenpol zu (oppositionellen) Grünen, SPD, Linke und vielen der etablierten Kleinparteien bilden. Der Grund liegt darin, daß die AfD mindestens so konservativ daherkommen will wie die CDU, und genauso a-sozial wie die FDP (wirtschaftspolitisch extrem rechts, meist in Konflikt mit allen anderen etablierten Parteien: Lernen mit Lindner – die Geometrie der Mitte). Der soziale Hauch (Anstand) der CDU und das liberale Lüftchen der FDP ist auch der Grund warum beide Parteien zwar im Netz an derselben Stelle rauskommen, aber es kein exklusives korrespondierendes neighbourhood gibt (die eingefärbten parallelen Linien in den Wahl-O-Mat Netzen).

Wie frappierend diese Ähnlichkeit ist, zeigen die absoluten Zahlen. In 25 (BaWü)/ 21 (RLP) der 38 Thesen gibt es keinen Konflikt zwischen AfD, CDU und FDP; die AfD liegt in 9 (BaWü)/11 (RLP) Punkten überkreuz mit der CDU (meist wirtschaftspolitisches, da liegt die AfD ganz auf der erzkapitalistischen Linie der FDP, während die CDU sich ein Herz für den "kleinen Mann" erlaubt), und in 11 (BaWü)/10 (RLP) mit der FDP (vorwiegend in sozialpolitischen Fragen). Sowohl in Ba-Wü als auch in RLP gilt was für alle Wahlen gilt: wer kein Millionär ist und FDP oder AfD wählt, ist selbst schuld.

Einteilung der Parteien ins klassische Links-Rechts-Schema basierend auf den absoluten Wahl-O-Mat Distanzen. Politische Distanz (PD) = 1 bedeutet, daß zwei Parteien im Mittel sich bei keinem Punkt einig sind, PD = 0 bedeutet sie haben alle Thesen gleich beantworten, PD = 2, daß sie in allen Thesen überkreuz liegen. Auffällig wie mittig sich die Regierung-Grünen und -SPD (Sternchen) in beiden Bundesländern platzieren, nahezu im selben Abstand zu profilierten links-progressiven und rechts-konservativen Parteien.

Die mythische Mitte


Seit Helmut Kohl (ehem. Ministerpräsident RLPs) werden in Deutschland keine Wahlen mehr in der (absoluten) Mitte gewonnen, sondern "mitte-rechts", moderat konservativ, autoritär, wirtschaftspolitisch klar rechts.

Einordnung entlang absoluter wirtschaftspolitischer (links-rechts) und sozialpolitischer (autoritär-liberal) Ausrichtung durch den Political Compass. Mitte-links gibt es in Deutschland nur noch eine Bundestags-Partei, die Linke.

Wahlen werden in unseren überalterten, saturierten westlichen Demokratien nunmal von Alten entschieden, die nicht selten von "besseren Zeiten" träumen (als z.B. Renten noch sicher waren und man vom Lohn seiner Arbeit ein Leben lang zehren konnte, kurz: die Mitte links war, und die Gesellschaft eher konservativ). In Coronazeiten hat sich der generelle Wählerwunsch nach autoritär-rechts noch verstärkt. Der Drang zur Macht der rechten Mitte schlägt sich sehr schön in den Wahl-O-Mat Fragenkatalogen für diese beiden Landtagswahlen nieder, vergleicht man die relativen Positionen der SPD und der Grünen.

Die einzigartigen Umstände in BaWü – grünschwarzer Ministerpräsident, insbesondere beliebt bei solchen, die sich als "mitte-rechts" bezeichnen – führen dazu, daß die BaWü-Grünen nicht mehr mit den sonstigen linken/progressiven/liberalen Parteien gruppieren (Linke, PARTEI, Piraten) sondern in BaWü zwischen dem langgedienten CDU-Juniorpartner SPD (eher links-mittig in BaWü, oppositionsbedingt) und der schon eher rechtsdrehenden ba-wü'schen ÖDP landen. Das ist insofern erstaunlich, als daß der Fragenkatalog relativ viele ökologische Thesen beinhaltet (wirtschaftspolitisch eher links als rechts), den Markenkern der Grünen.

Wie grün sind die BaWü-Grünen? Karte der vom Wahl-O-Mat abgefragten Thesen mit ökologischem Schwerpunkt.

Wie in RLP, sind die Grünen hier in der bequemen Situation fordern zu können ohne liefern zu müssen. Die zur Regierungsbildung benötigten Rechtsparteien (CDU oder FDP) sind hier bei allem dagegen, während Parteien mit ähnlichen Forderungen wohl nicht in den Landtag einziehen werden.

Was die Grünen in BaWü gemein haben mit FDP und CDU aber nicht der SPD
  • Erhaltung des freiwilligen Polizeidiensts (alle drei)
  • keine Abgabe für Betriebe, die nicht ausbilden (alle drei)
  • kein kostenloses Mittagessen an Schulen (alle drei)
  • Keine Abschaffung der Studiengebühren für alle internationalen Studierenden (FDP dafür)

Analog dazu generiert sich die regierende RLP-SPD deutlich konservativer und rechter als ihr Pendant jenseits des Rheins, sofern sie überhaupt Position bezieht (11-mal "neutral" in RLP vs. nie in Ba-Wü).
Mitte-links taugt nicht für Regierungsmehrheiten: Thesen, in denen sich die natürlichen Koalitionäre SPD und Grüne uneins sind in RLP.

So zentriert, wird im eigentlich konservativen RLP die SPD einfach so weitermachen können wie gehabt. Als aktuelles Sahnehäubchen hat sich die CDU mit ihrer Masken-basierten Raffgier wohl gänzlich aus jeder Regierungsgefahr rausgestohlen, was den ein oder anderen Wähler der (nach der Wahl wieder handzahmen) FDP zutreiben wird, als "liberales" Kollektiv der sonst schnell "linksgrünversifften" (in der Realität aber mitte-rechts mit schwach-ökologischem Anstrich, siehe Wahl-O-Mat-Antworten) Regierung.

Wie die FDP Rotgrün in RLP korrigieren will:
  • Freiheit den Schottergärten
  • Zentralabitur [War das nicht mal eine linke Forderung?]
  • kein Recht auf Home-Office
  • kein Mindestlohn von 12€
  • keine Frauenquote in landeseigenen Betrieben
  • kein Abzug der U.S.-Nuklearwaffen
Schaut man sich die Liste an, fragt man sich schon, wer's eigentlich braucht, dieses Korrektiv. Außerdem: die CDU ist der SPD eh deutlich näher als die FDP. Warum also nicht gleich GroKo?

Persönliches Fazit


Man hat die Wahl, und eigentlich auch eine hübsche Auswahl. Warum sich von der 5% Hürde vorschreiben lassen, sie nicht zu nutzen (Wer will die 5%)? Als wirklich liberaler Freigeist, warum nicht die Piraten oder Volt wählen? Als ökologisch-denkend aber eher Bodenständiges-Ländliches (RLP) oder Konservatives (BaWü) warum nicht die ÖDP, oder, wenn man sonst unpolitisch ist, die Neuaktiven der Klimaliste? Als Globalismusverlierer, Minijobber, Scheinselbstständiger und Mindestlöhner sicher nicht die AfD, sondern die Linke (in Ba-Wü: warum nicht die DKP, wenn man eher nationalistisch denkt; und wer immer noch Angst vom Russen hat, sollte sicher nicht AfD wählen). Und für all die mit eher partikulären Ansichten: Tierschutzpartei, Menschliche Welt, oder eine der ba-wü'schen Anticoronaparteichen. Keiner kann sagen: es gibt für mich keine Partei! Angst vor der AfD braucht man nicht haben, Mehrheiten finden sich immer "links" der von Zeit zu Zeit wiederkehrenden Geister der Vergangenheit (vor allem auch, da der Sprung von 0.1% auf 5%+ der best-passendsten Partei kaum gelingen wird).

Meine Stimme als geborener Rheinland-Pfälzer und eingebürgerter Baden-Würrtemberger würde (als Exildeutscher bin ich zwar wahlberechtigt, aber umsetzungstechnisch ist es nicht trivial mein Recht auszuüben: Auslandsdeutscher und utlandssvensk – election day) daher mit Sicherheit an eine der Parteien gehen, die (noch, vermutlich) nicht in den Landtag kommen, aber dafür noch echte Ziele und Programme haben (bzw. einfach die objektiv richtigen Antworten geben, mein persönlicher Favorit: die PARTEI).

Demokratie lebt von Diversität und Veränderung. Unvermeidliche mitte-rechts Regierungen abzusegnen (ob Grün-Schwarz, Ampel-, Afghanistan- oder Jamaica-Koalition), die dann eine Legislaturperiode lang ihren Koalitionsvertrag des kleinsten gemeinsamen Nenners abarbeiten, lohnt kaum den Aufwand einer Stimmabgabe. Einen anti-politischen und a-sozialen Haufen wie die AfD aus Protest zu wählen, ist Verrat an der Demokratie, der wir unser recht gutes (im Vergleich zum Rest der Welt) Leben verdanken (und einem selbst, es sei denn man ist ein grund-fieser, mißgünstiger aber stinkreicher Mensch – einfach mal die Wahl-O-Mat Antworten der feinen Herren durchlesen). Eine Partei wählen, die zu einem am besten paßt, selbst wenn sie nicht im Parlament repräsentiert sein wird, ist die nicht nur ein individuelles Recht, sondern eigentlich auch die Pflicht in einer funktionierenden Demokratie. Auch die Grünen haben mal sehr klein angefangen (und ich habe sie trotzdem immer gewählt und bin durchaus zufrieden mit dem was aus der Fundamentalopposition heraus erreicht wurde, mittelfristig). Außerdem: nur mal angenommen alle kleinen (inklusive der skurrilen) Parteien würden im Schnitt 2% der Stimmen kriegen, in Ba-Wü währen das satte 32% "Sonstige" (fast jeder 3.) und in RLP immerhin noch 16% (jeder 6.) Kann man das dann noch parlamentarisch-repräsentativ ignorieren?

Umgekehrt, solange weiterhin viele nur "taktisch" wählen (oder das kleinste sicher-im-Parlament-Übel), kann man sich über die mangelnde Abbildung der Bevölkerung durch unsere Parlamente nicht beschweren. Oder was die jeweiligen Regierungskoalitionen an Gesetzen erlassen: eine absolute (!) Mehrheit der Wähler hat sie gewählt.

Übrigens: In Baden-Würrtemberg war die Frage nach der 5%-Hürde im Katalog. Und da waren, Überraschung, Überraschung, sich alle Landtägler einig, daß sie bleiben muß: Grüne, SPD, CDU, FDP und AfD (und ansonsten nur die Christfundamentalisten).

2 comments:

  1. Sorry, not for most of the state election posts (time-constraints). I just tried to look what Google-Translator does but I don't get English to choose right now. It will loose a lot in translation (I used some German linguistic creativity) but the basic content should be transported.

    But there is an English version for the last federal German elections and some state elections on Genealogical World of Phylogenetic Networks which explains the data sources and basic methodology.
    A network of political parties competing for the 2017 Bundestag
    Jumping political parties in Germany's state elections

    There are also a few similar posts in English here on Res.I.P., keywords politics and Wahl-O-Mat

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